(TEIL 2)
ERSTE VERSUCHUNG:
STEUERUNG DURCH ALGORITHMEN!
Um die Systeme in der Wirtschaft und in den Betrieben in ihrer Komplexität zu steuern, setzt man seit Jahrzehnten auf Qualitätsmanagement und interne Zielvereinbarungen. Die betriebswirtschaftlichen Methoden wurden sogar, ohne genügend kritisch hinterfragt zu werden, auf die Non-Profit-Welt und die Regierungsverwaltungen übertragen. In der Europäischen Union gewinnt man den Eindruck, dass die Ansätze der Volkswirtschaft denen aus der Betriebswirtschaft weichen mussten.
Analog zum Umgang mit der Technik wird auf sogenannte Selbststeuerung gesetzt. Bildlich gesprochen, könnte man sagen: Der Fahrer wird bald zum Gast in seinem sich selbststeuernden Fahrzeug, bis dieses ihn eines nicht all zu fernen Tages an “sein” nächstes Ziel bringt, das ein Algorithmus passgenau für ihn aus seinem früheren Verhalten und aktuellen Internet-Recherchen errechnet hat. Angewandte System-Biologie in Verbindung mit Medizin und IT stellen uns vor ganz ähnliche Probleme: Wie und wann sollen beispielsweise implantierte Nano-Produkte dem Patienten die Entscheidung überlassen oder einfach die vor-programmiert “richtige” Wahl für ihn (gegebenenfalls auch gegen seinen Willen) treffen und umsetzen?
Das „Auslagern” von Leadership in die anonyme und geschlossene Welt der Technik und Technologie fasziniert und beginnt zu greifen: ihre Algorithmen entscheiden schon heute etwa über Investitionen, medizinische Eingriffe, Studienplätze, Preise oder Rankings. Sie verstärken das gewollt Meßbare und reduzieren systemfremde, sprich menschliche Entscheidungen. Damit erfüllen sie ihren Auftrag und schliessen den Menschen in sein selber gebautes System ein, in dem er kein Leadership mehr zu übernehmen braucht. Die von Menschen gemachte Technologie führt diesem seine eigene Ziellosigkeit vor Augen. Das von ihm an Algorithmen delegierte Leadership übt seinen Einfluß selbsttätig aus und hinterlässt Spuren. Daran wird auch weiteres Delegieren an die nächsten und übernächsten Generationen von technischen Steuerungssystemen für die schon bestehenden Steuerungen auf niedrigerer Ebene nichts ändern.
Wer fehlendes Leadership outsourced, erntet treffsicher fehlendes Leadership!
Erny Gillen
(Fortsetzung folgt)